- Wie lange kommt ihr schon in die Sternenbrücke und warum seid ihr regelmäßig hier?
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TJARA
Wir kommen jetzt seit zehn Jahren in die Sternenbrücke. Wir sind damals durch Bekannte auf sie aufmerksam geworden und sind direkt dabeigeblieben. Wir genießen die regelmäßige Entlastung und besonders, dass hier Zeit und Raum für Dinge geschaffen wird, für die im Alltag kein Platz ist.
ALEXANDER
Wir fahren schon fast seit Eröffnung in die Sternenbrücke und genießen dort in jedem Sommer eine Auszeit. Mittlerweile bin ich erwachsen, aber als Kind war unser Aufenthalt einer der schönsten Urlaube. Auch, weil wir alle zusammen sein konnten.
- Könnt ihr in leichten Worten erklären, woran eure Geschwister erkrankt sind?
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ALEXANDER
Da bin ich meistens überfragt. Das ist so ein lateinisches Wort – auf jeden Fall eine sehr lebensbeeinträchtigende Krankheit. Die Lebenserwartung liegt in der Regel bei etwa 14 Jahren, weil man stark beeinträchtigt ist und immer mehr Fähigkeiten verliert. Mein Bruder ist 21 Jahre alt geworden – also locker darüber hinaus, und auch meine Schwester ist jetzt 21. Aber obwohl sie die gleiche Krankheit haben, gibt es doch Unterschiede im Verlauf: Mit meiner Schwester gehe ich noch regelmäßig spazieren, während ich meinen Bruder nur im Rollstuhl kennengelernt habe.
TJARA
Die Krankheit meiner Schwester kannte man zu ihrer Geburt gar nicht. Ihr fehlt vom 15. Chromosom der Abschnitt Q – aber was das genau bedeutet, weiß man nicht. Eigentlich kann Finja noch relativ viel. Sie kann laufen – wenn auch etwas eingeschränkt – und um ihren geistigen Zustand zu beschreiben, muss man sie am besten selbst kennenlernen.
- Was gefällt euch besonders gut in der Sternenbrücke?
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ALEXANDER
Von der pflegerischen Versorgung bis hin zum Beisammensein bei tollem Essen, ist alles einzigartig und immer ein Highlight. Die Vorzüge von Hamburg lassen sich natürlich auch genießen und man hat die Möglichkeit, Sightseeing zu machen und wieder in so ein schönes Haus zurückzukehren. Dadurch habe ich sogar als Werder Fan eine Verbindung zur Stadt aufgebaut.
TJARA
Ich glaube, man muss die Sternenbrücke einmal selbst erlebt haben, denn die familiäre Atmosphäre, die dort herrscht, ist ganz besonders. Wenn ich in der Sternenbrücke ankomme, fällt die ganze Last von mir ab. Egal in welcher Situation ich mich gerade befinde, auf einmal ist alles perfekt.
- Was bedeutet die Geschwisterzeit für euch?
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ALEXANDER
Die Geschwisterzeit war als Kind immer das Highlight des ganzen Sternenbrückenaufenthaltes. Man könnte annehmen, dass man als Teenie keinen Bock mehr darauf hat, aber ich habe dieses Angebot immer gerne angenommen, bis ich 18 wurde.
Egal ob wir Ausflüge ins Kino und zum Tretbootfahren gemacht haben, oder einfach nur im Kreativraum gemalt haben. Eigentlich richtet sich die Geschwisterzeit nur an Geschwister bis 18 Jahre, aber wenn keine kleineren Geschwister da sind, unternehmen wir trotzdem noch gerne etwas mit dem pädagogischen Team.
TJARA
Ich bin erst in die Geschwisterzeit gekommen, als ich schon etwas älter war. Da wusste ich schon selbst, was ich machen möchte, und konnte mich auch alleine beschäftigen. Aber ich habe es genossen, dort viel Aufmerksamkeit zu bekommen, was sonst ja häufig zu kurz kommt. Dort waren eben wir Geschwister mal im Fokus.
Als ich 18 wurde, war ich erst traurig, dass ich nicht mehr an der Geschwisterzeit teilnehmen darf, aber wir versuchen trotzdem noch Zeit mit dem pädagogischen Team zu verbringen, so gut es geht. Über die Jahre haben wir ein sehr gutes Verhältnis zueinander aufgebaut und natürlich möchten sie auch wissen, wie es uns geht, wenn wir da sind.
- Was bedeutet es für euch, dass eure Geschwister lebensverkürzend erkrankt sind?
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ALEXANDER
Also für mich ist das gar nicht so „special“, ich habe es ja nicht anders kennengelernt. Für meine Eltern ist das sicher etwas anderes, sie haben das ja von Anfang an miterlebt, als sie die Diagnose bekommen haben. Für mich waren oder sind Alina und Andreas genauso Geschwister wie meine ältere, gesunde Schwester Anna-Lena. Ich kann mit Alina genauso lachen und Blödsinn machen, oder sie auch mal vertrösten, wenn ich keine Lust habe. Genauso ist es auch bei Alina, wenn sie gerade fernsieht, zeigt sie mir auch mal die kalte Schulter. Das ist, finde ich, ein ganz normales Geschwisterverhältnis.
Ich habe mir manchmal Gedanken darüber gemacht, dass andere Menschen einen großen Bruder hatten, der viel mit ihnen macht – sowas hatte ich mit Andreas nicht. Es war früher mal ein Wunschdenken, auch so einen großen Bruder zu haben, aber ich würde nicht sagen, dass mir da irgendwas fehlt. Dafür habe ich ihm dann die Haare gestylt und er hat sich über sein Spiegelbild gefreut. Dann war das eben unsere gemeinsame Aktivität und nicht so ein standardmäßiges Beisammensein.
TJARA
Ich bin die Jüngste von drei Geschwistern und Finja ist auch noch die Älteste. Das heißt, sowohl mein Bruder als auch ich haben beide nicht mitbekommen, wie sie aufgewachsen ist oder wie es früher für meine Eltern war. Wir sind da reingewachsen und ich habe nie in Frage gestellt, ob daran etwas falsch ist.
Finja ist genauso ein lebensfroher Mensch, oder wahrscheinlich sogar lebensfroher als alle anderen Menschen, die ich kenne. Sie hat mir beigebracht, wie unbeschwert das Leben sein kann. Sie ist für mich zwar nicht die große Schwester, die mit mir shoppen fährt und mir alles über das Leben beibringt, aber dafür habe ich von ihr gelernt, die kleinen Dinge mehr wertzuschätzen.
- Welche Gefühle habt ihr, wenn ihr an eure Geschwister denkt?
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TJARA
Ich bin einfach glücklich, wenn ich sie sehe – dass sie da ist, dass es ihr so gut geht, dass sie ein wunderschönes Lächeln hat und dieses den ganzen Tag zeigt.
ALEXANDER
Ich würde sagen, ich habe auch nur positive Gefühle, wenn ich an Alina denke. Ich habe auch das Gefühl, dass wir seit dem Corona-Lockdown eine innigere Beziehung haben. Obwohl 2020 für viele ein richtig schreckliches Jahr war, weil sie nicht aus dem Haus konnten, habe ich es genossen so viel Zeit mit meiner Mutter und meiner Schwester zu verbringen.
Bis heute bin ich das einzige Familienmitglied, das Alina umarmt, wenn ich nach Hause komme, da sie sich besonders bei unserer Umarmung geborgen fühlt.
- Macht ihr euch manchmal auch Sorgen um eure Geschwister?
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TJARA
Natürlich weiß ich, dass der Tag, an dem sie nicht mehr bei uns ist, irgendwann kommt, aber gerade dadurch genieße ich einfach jeden Tag, der mir mit meiner Schwester bleibt. Also wenn ich sie sehe, denke ich nicht direkt daran, dass dieser Tag der letzte sein kann, sondern genieße das Leben mit ihr und bin dankbar für jede Zeit, die wir zusammen verbringen können.
ALEXANDER
Klar mache ich mir manchmal Sorgen, aber die Angst begleitet mich nicht dauerhaft. Über die Pandemie habe ich mir Sorgen gemacht, weil sie kein so gutes Immunsystem hat und Krankheiten nicht so gut verkraftet.
Vor allem auch, weil mein Bruder kurz vor seinem Tod eine Lungenentzündung hatte, und ich da dachte, dass er das wegsteckt, weil er schon so viele Sachen durchgemacht hat. Andreas hat sich mal den Arm gebrochen, dabei lag er doch nur im Bett oder saß im Rollstuhl, wie bricht man sich da den Arm?
Aber er war so stark, dass ich mir keine Sorgen gemacht habe, bis es dann leider so weit war. Aber da möchte ich bei Alina nicht dran denken. Wenn es irgendwann so weit ist, dann ist es halt so weit. Der Tod gehört nun mal zum Leben dazu. So lange ist jeder Tag, den ich noch mit Alina habe, ein wundervoller Moment.
- Macht ihr euch Sorgen um eure Eltern?
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TJARA
Finja hängt ziemlich doll an unserem Vater. Wenn er von der Arbeit nach Hause kommt, hängt sie nur noch an ihm. Dann soll er sie noch duschen, mit ihr ins Bett gehen und die ganze Nacht ihre Hand halten. Sie legt den kompletten Fokus auf ihn, sobald er da ist. Da macht man sich schon Gedanken, ob ihn das nicht völlig überlastet. Solange Papa auf der Arbeit ist, muss Mama für Finja da sein, und auch da fragt man sich, ob sie überhaupt machen kann, was sie eigentlich möchte.
Mein Bruder und ich helfen so viel mit, wie wir können, also wir passen mal auf Finja auf oder gehen mit ihr spazieren. Aber es ist sicher belastend für unsere Eltern, den Fokus immer auf unserer Schwester haben zu müssen.
Aktuell ist Finjas Auszug ein großes Thema, aber auch eine große und wichtige Entscheidung. Sie ist jetzt 26 und meine Eltern können ja nicht ihr Leben lang – Tag und Nacht – auf sie aufpassen. Aber sie soll auch möglichst nah zu Hause bleiben, damit man schnell bei ihr sein kann. Die Wartezeiten für geeignete Unterkünfte sind allerdings ziemlich lang, deswegen müssen wir uns viel damit beschäftigen.
ALEXANDER
Ja. Wir hatten eine ganze Zeit lang keinen Pflegedienst, Alina braucht aber eine 24/7-Betreuung. Das heißt, auch nachts, wenn mein Vater eigentlich schlafen muss, lag er mit geöffneter Tür und Babyfon im Nebenzimmer. Aber er muss trotzdem auch seine 40 Stunden in der Woche arbeiten. Da macht man sich natürlich Sorgen und ich versuche, meinen Eltern unter die Arme zu greifen. Wenn die beiden mal wegfahren wollen, biete ich an, bei Alina zu sein und auf ihre Mahlzeiten zu achten, aber viel mehr kann ich leider nicht machen.
Dementsprechend froh waren wir, als wir vor etwa einem Jahr einen neuen Pflegedienst gefunden haben, der dann ein paar Stunden übernimmt. Das ist zwar immer noch nicht viel, aber so haben wir in der Woche zwei bis drei Nächte, in denen wir flexibler sind. Zeitweise haben wir uns Sorgen gemacht, nie einen geeigneten Pflegedienst zu finden, denn leider hat man nicht überall so viel Glück, wie in der Sternenbrücke und bekommt nur nette Pflegekräfte. In der Vergangenheit haben meine Eltern ganz schön was durchgemacht mit Pflegekräften.
- Wie geht dein Freundeskreis mit deiner Situation um?
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ALEXANDER
Meine drei besten Freunde haben stets ein offenes Ohr, aber werden mich nie ganz verstehen können, weil sie nicht in der gleichen Lage sind. Aber meine Situation wird dort auch nur thematisiert, wenn ich sie selbst anspreche.
Da ist es dann echt von Vorteil, die Sternbrücke zu haben, wo man sich mit anderen Geschwistern treffen und austauschen kann. Sie können aus ihren Erfahrungen schöpfen und mir auf eine Art beistehen, die Menschen aus einer „normalen” Familie nicht verstehen können.
Meine Freundin unternimmt mittlerweile auch ganz viel mit Alina, und man könnte sagen, sie ist ihre beste Freundin. Sie kann das noch am ehesten verstehen, aber sie ist fast die einzige Person aus einer Familie, die kein erkranktes Kind haben.
TJARA
Ich habe einen ziemlich großen Freundeskreis, und eigentlich kennen auch alle Finja und kommen super mit ihr klar, weil sie so ein offener Mensch ist. Mit meiner besten Freundin kann ich über alles reden, weil sie auch sehr gut in unsere Familie integriert ist. Manchmal passt sie auch auf Finja auf, und kann daher schon einiges ziemlich gut verstehen, aber es ist trotzdem noch ein Tick anders, als sich mit anderen betroffenen Geschwistern auszutauschen.
Da ist dann auch die Sternenbrücke perfekt. Die Geschwisterwochenenden, die seit kurzem angeboten werden, ermöglichen einen ganz anderen Austausch unter uns älteren Geschwistern. Da sind Gespräche auch wesentlich intensiver als ich sie mit meinen Freundinnen führen könnte. Das liegt einfach an der Familienkonstellation, die alle nachvollziehen können. Wir haben ähnliche Gefühle und können dementsprechend viel besser darüber reden und uns gegenseitig verstehen.
- Habt ihr schon einmal Ablehnung von außen erfahren?
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TJARA
Nein, zum Glück nicht. Mein Freundeskreis war unserer Situation gegenüber immer ziemlich offen. Ich denke auch, dass das mit Finja zusammenhängt, weil sie offen auf Menschen zugeht und Kontakt sucht. Ich konnte immer schon problemlos Freunde zu mir nach Hause einladen. Die haben sich auch gefreut und mit Finja interagiert.
ALEXANDER
Ich wurde zum Glück nie damit aufgezogen, aber ich hatte früher schon eine kleine Hemmschwelle. Als Kind habe ich schnell neue Freunde gefunden und um die Freundschaft zu vertiefen, hat man sich dann natürlich gegenseitig besucht. Da habe ich mich lieber bei anderen getroffen, weil das bei uns zu Hause schon ein bisschen anders war. Damals war Alina noch viel aktiver und hat laut herumgeschrien. Dann wollte ich nicht so gerne neue Freunde mit nach Hause nehmen, weil sie in der Hinsicht ja auch noch Fremde waren. Freunde habe ich dann erst eingeladen, wenn wir eine bessere Freundschaft hatten und ich Gelegenheit hatte, mit ihnen über meine erkrankten Geschwister zu reden.
Von Menschen, die ich noch nicht so gut kannte, gab es dann manchmal auch komische Blicke, die mich immer schon ziemlich aufgeregt haben. Das hat sich dann zum Glück gelegt, als ich meinen jetzigen Freundeskreis gefunden habe. Jetzt habe ich keine Hemmschwelle mehr. Wenn Freunde mich besuchen, gehen wir auch zusammen gerne zu Alina. Das ist jetzt schon etwas Anderes, weil wir jetzt erwachsen sind. Als ich noch jünger war, war es schon ein bisschen komisch und das Gefühl war auch spezieller. Aber das war auch nie so schlimm, dass ich richtig Angst hatte, Freunde einzuladen.
- In der Öffentlichkeit kommt es aber schon vor, dass man komische Blicke erntet oder Leute was sagen?
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ALEXANDER
Ja, es gehört halt dazu, dass Leute doof gucken, aber ich musste im jungen Alter schon lernen, das zu ignorieren. Als Kind ist mir das auch nicht so aufgefallen. Erst als ich älter wurde, sind mir diese Blicke dann aufgefallen – anfangs war es noch so, dass ich Leute dann angemeckert habe, aber das passiert mir heute höchstens noch, wenn ich mal einen schlechten Tag habe und die Blicke unter die Gürtellinie gehen.
An sich habe ich keine Hemmschelle mit Alina in die Öffentlichkeit zu gehen, weil ich ja auch zu ihr stehe. Das ist meine Schwester. Sie ist für mich auch ein Mensch, wie jeder andere auch. Ich gehe gerne mit ihr raus, und wenn Leute doof gucken, sollen sie eben doof gucken.
TJARA
Das ist bei mir ganz ähnlich. Ich geh auch sehr gerne mit Finja spazieren oder laufen. Ich schäme mich nicht für meine Schwester, sondern bin stolz auf sie und gehe auch deswegen gerne mit ihr in die Öffentlichkeit. Ich habe genauso erlebt, dass manchmal komische Blicke kommen, aber da gibt es unterschiedliche Arten von. Wenn Leute mich und meine Schwester minutenlang anstarren, werde ich auch wütend und frage mich, was gerade in deren Köpfen vorgeht.
Aber ich habe auch schon erlebt, dass Menschen auf mich zukamen und mich gefragt haben, was Finja hat – das fand ich völlig legitim. Wenn man höflich nachfragt, erzähle ich auch gerne, aber nur doof gucken, finde ich blöd.
- Habt ihr manchmal das Gefühl, dass ihr früher ein bisschen selbständiger oder erwachsen werden musstet?
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TJARA
Ich glaube unsere Eltern haben versucht, uns alle gleich zu behandeln und gleich viel Aufmerksamkeit zu geben, aber das funktioniert einfach nicht. Unsere Geschwister brauchen nun mal mehr Aufmerksamkeit, von daher ist es irgendwo logisch, dass das nicht funktionieren konnte. Aber ich würde jetzt nicht sagen, dass ich mich früher vernachlässigt gefühlt habe.
Wenn ich so auf mein Leben zurückschaue, würde ich schon sagen, dass ich sehr früh ziemlich selbständig war. Ich habe mit 15 Jahren entschieden, welchen Beruf ich machen möchte, und habe das so für mich durchgezogen. Schon in der Schule habe ich von Anfang an gemacht, was man noch freiwillig machen konnte. Das habe ich irgendwie in mir drin, und das lebe ich auch so. Deswegen hat das eine zum anderen geführt, aber ich empfinde das nicht als negativ.
ALEXANDER
Das Gefühl, vernachlässigt zu werden, hatte ich auch nicht. Aber da muss ich manchmal an meine älteste Schwester denken. Sie hatte ja zwei jüngere erkrankte Geschwister und später noch einen kleinen Alexander. Sie hat oft erzählt, dass sie schon früh mit anpacken musste. Sowas habe ich zwar nicht erlebt, aber diese Perspektiven gibt es natürlich auch. Dadurch hatte ich schon immer das Gefühl, dass Anna-Lena sehr erwachsen ist. Sie wirkte immer sehr aufgeklärt, ruhig und gelassen. Sie war für mich immer die große erwachsene Schwester, weil sie einen kühlen Kopf behalten hat – auch für unsere Eltern.
Ich würde über mich vielleicht auch sagen, dass ich recht früh erwachsen geworden bin. Ich bin zwischendurch schon ein bisschen auf der Strecke geblieben und habe mich dann selbst durch die Schule geboxt. Die Unterstützung meiner Eltern brauchte ich gar nicht, ich fand sie zeitweise sogar eher lästig und wollte lieber meine Ruhe haben. Ich würde aber nicht sagen, dass ich da vernachlässigt wurde, eher dass ich dadurch reifer geworden bin. Es hat mich zum Beispiel schon sehr früh geärgert, wenn jemand andere Menschen mit dem Wort “behindert” beleidigt hat, weil man nie weiß, was hinter diesem Wort steckt und wen man damit verletzt. Das geht gar nicht.
- Was würdet ihr euch von der Gesellschaft wünschen?
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ALEXANDER
Also ich finde es schon in Ordnung, auf der Straße zu gucken, nur eben nicht, als wären wir Außerirdische. Jeder Mensch ist ein Mensch, egal wie er aussieht. Es sollte normal sein, dass Menschen mit dem Rollstuhl in der Öffentlichkeit unterwegs sind und vielleicht auch mal laut schreien, weil sie das nicht kontrollieren können. Es sollte dazugehören, erkrankte Personen nicht unsichtbar zu machen, sie dürfen wählen und alles machen, dann sollten sie auch im Leben dazu gehören.
Außerdem sollte man wertschätzen, was man hat. Die Freiheit zu haben, ein gesundes und glückliches Leben zu führen, ist nicht jedem gegeben. Das Glück im Leben, gesund zu sein, sollte unbedingt mehr wertgeschätzt werden.
TJARA
Ich würde mir einfach wünschen, dass das Integrieren von erkrankten Menschen in unsere Gesellschaft kein Tabuthema ist. Erkrankte Menschen gehören doch genauso zu unserer Gesellschaft wie gesunde.
Ich würde es super finden, wenn offener mit Krankheiten umgegangen würde und alle ein bisschen aufgeklärter auf betroffene Menschen zugehen könnten. Ich finde es wichtig, Menschen dafür zu sensibilisieren, was alles sein kann. Ob über Social Media oder in Gesprächen – man muss versuchen, ihnen ihre Berührungsängste zu nehmen.